Historisches Fechten nach Gladius strictus

Wir vertreten die Ansicht,

dass Historische Fechten, wie es heute vielerorts ausgeübt wird, nur zum Teil der Lehre Liechtenauers  gerecht wird, sofern nach Liechtenauer gefochten wird. 

 

Wir sehen meist nur mit Kraft und Schnelligkeit ausgeführtes Hiebfechten, dass ohne Klingenanbindung auf den schnellen Treffer abzielt. Dabei wird ein zeitgleicher Gegentreffer (Doppeltreffer) wissentlich oder unwissentlich  in Kauf genommen.

 

 

Dies hat zur Folge, dass eine Spirale von Kraft & Schnelligkeit gegen Schutzausrüstung  im Historischen  Fechten in Gang gekommen ist, ähnlich dem Wettrüsten im Kalten Krieg, nach dem Motto:

 

"Je besser ich geschützt bin, desto härter und risikofreudiger kann ich "hauen"

Ziel ist , dass mein höherwertigen Treffer eher am Gegner ist als der Gegentreffer, den ich nicht vermeiden will oder kann.

Dieser Ansatz lässt sich im aktuellen Sportfechten  sehr gut wiederfinden.

Daher haben wir die Disziplin " Historisches Sportfechten" als gerüstetes Duell mit dem Sportfechten gleichgesetzt.(s.u.)

 

Die historische Fechtlehre von Meister Liechtenauer positioniert sich hier eindeutig:

 

 

"...wenn du im Zufechten zu ihm kommst, du stets mit einem Hieb oder Stich mutig und furchtlos diejenige der vier Blößen angreifen sollst, zu welcher du am besten gelangen kannst. Achte nicht darauf, was er tut oder ficht...."

Dies wird aktuell schwerpunktmäßig im Historischen Sportfechten  ein- und umgesetzt.

 

Doch es geht weiter....

 

"...Damit zwingst du ihn, zu versetzen. Sobald er versetzt hat, such in der Versatzung mit dem Winden an seinem Schwert die nächste Blöße..."

 

"...Deshalb bemüh dich, daß du das Fühlen und das Wort »indes« gut verstehst und beachtest, denn aus diesen zwei Dingen entspringt alle Kunst des Fechtens...."

 

"...Das Fühlen und das Wort »indes« stellen die größte und beste Kunst des Schwertes dar. Wer ein Meister des Schwertes ist oder sein will, aber das Fühlen nicht beherrscht und außerdem die Bedeutung des Wortes »indes« nicht verstanden hat, der ist kein Meister, sondern nur ein Büffel des Schwerts...."

 

"...»Indes« dupliert, »indes« mutiert, »indes« wechselt durch, »indes« läuft durch, »indes« nimmt den Schnitt, »indes« ringt, »indes« nimmt das Schwert, »indes« tut, was dein Herz begehrt. »Indes« ist ein scharfes Wort, mit dem alle Meister des Schwertes verwundet werden, die dieses Wort weder kennen noch verstehen. Das ist der Schlüssel zur Kunst. ..."

 

Wir bei Gladius strictus habe daraus folgende 4 Prinzipien herausgezogen und bauen darauf unsere Interpretation auf, die in den Unterricht einfliesst:

 

  1. Wenn Du fechtest, dann situations- & gegnerbedingt mutig, furchtlos und mit ganzer Kraft.
  2. Binde so schnell wie möglich  an die Gegnerklinge an (indes), fühle den Gegner und greife dann die nächste offene Stelle (Blöße) an.
  3. Fechten in der Bindung ist die beste Kunst des Schwertes.
  4. Treffe den Gegner, ohne selbst getroffen zu werden

 

Diese Prinzipien im Historischen Fechten fanden sicher Anwendung  in den Gerichts- (Gottes-) kämpfen des Mittelalters. Hier wurde entweder in Rüstung oder ungerüsted ( Leder & Leinen Kleidung, barfuss & barhäuptig )  um Recht und später um Ehre mit scharfer Waffe gekämpft.

Hier brachte  der erste Treffer die Entscheidung. Vorrangiges Ziel war es, den Gegner zur "göttlichen" Entscheidungsfindung nur kampfunfähig zu machen, nicht  zu töten.

Später entwickelte sich aus dem Gerichtskampf das neuzeitliche Duell. Indem der Zweikampf aus dem Rechtsleben in den privaten Bereich verlagert wurde, ging die schicksalhaft-religiöse Dimension der Entscheidungsfindung zunehmend verloren und wurde durch den ständischen Ehrbegriff ersetzt.

 

Unsere Fechtlehre orientiert sich sehr stark an dem mittelalterlichen, ungerüsteten Gerichtskampf, bei dem ein Treffer, unabhängig wo und wie er stattfand, gleicbedeutend mit der sofortigen Niederlage war.

 

Wir unterrichten ein "taktisch geprägtes Einpunkfechten" statt eines  "risikotoleranten Mehrpunktefechten" wie im Historischen und Modernen Sportfechten.

 

Die Fechtlehre von Gladius strictus ersetzt vorranging Kraft & Schnelligkeit durch Geschicklichkeit & Taktik als Instumente für die Erzielung eines Treffers, bzw als Möglichkeit zur Entscheidungsfindung.

 


Disziplinen in HEMA nach Gladius strictus

Disziplinen in HEMA
Disziplinen in HEMA

 

 

Wir von Gladius strictus haben eine eigene, freie  Einteilung in verschiedenen Disziplinen des Historischen Fechtens vorgenommen.

 

Dies spiegelt nur unsere Sicht auf die HEMA Szene wieder.

 

Andere Fechtschulen haben möglicherweise andere Einteilungen, doch diese soll eine Positionsbestimmung der Fechtschule Gladius strictus im HEMA Universum darstellen.